Anna-Lena Hennig ist für die Wahl „Behindertensportler*in des Jahres“ in Niedersachsen nominiert. Wir gratulieren und drücken die Daumen. Alles zur Abstimmung, die am 12. Februar beginnt, erfahrt Ihr hier: https://www.bsn-ev.de/voting/
Und nun wollen wir Euch Anna-Lena Hennig etwas genauer vorstellen, die die faszinierende Sportart Rollstuhlbasketball beim RSC Osnabrück und derzeit auch beim BBC Münsterland in der 1. Bundesliga betreibt. Anna-Lena ist Mitglied der U25-Damen-Nationalmannschaft und wurde 2019 mit der Nationalmannschaft Fünfte bei den Weltmeisterschaften.
Rollstuhlbasketball und den RSC Osnabrück haben wir übrigens in der zweiten Ausgabe von „Sportlich unterwegs“, die Ihr auf unserer Webseite als pdf downloaden könnt, vorgestellt.
Anna-Lena Hennig kam vier Monate zu früh zur Welt und erlitt bei der Geburt einen Schlaganfall. Dieser schädigte den Bereich im Gehirn, der für die Motorik der Beine zuständig ist. „Das wurde aber erst entdeckt, als ich fünf Jahre alt war. Bis dahin meinten die Ärzte, dass ich einfach ein bisschen länger brauche als andere Kinder.“ Bis zum Alter von acht Jahren wurde sie mehrfach operiert, um die stark verkürzten Muskeln in den Beinen zu verlängern. „Mit Rollator und Orthesen konnte ich dann laufen bis ich 13 war, aber die Pubertät hat alles wieder verschlimmert.“
Am Ende gab es zum Rollstuhl keine Alternative, auch wenn sich das Mädchen damals „mit Händen und Füßen dagegen gewehrt“ hat, wie sie sagt. Als der Arzt ihr empfahl, Sport zu treiben, begann sie sich langsam mit dem Rollstuhl zu arrangieren.
2013 hat Anna-Lena Hennig in einer Reha-Klinik Rollstuhlbasketball kennen und kurz darauf bei der RSG Langenhagen lieben gelernt. „Dafür bin ich heute noch sehr dankbar“, betont sie. Sie hatte ihre Sportart gefunden und bewies Talent. 2016 zog sie ins Lotto-Sportinternat und spielte seitdem für Hannover United in der zweiten Mannschaft. Im Januar 2020 folgte der Wechsel nach Osnabrück. „Dort konnte ich auf meiner Position mehr Spielzeit bekommen und mich besser entwickeln“, erklärt sie.
Der Sport ist für Anna-Lena Hennig von unschätzbarem Wert. Als sie an einer Essstörung erkrankte, unterstützten ihre Familie, ein Netzwerk aus Ärzten und Psychologen und ihr sportliches Umfeld die junge Sportlerin intensiv. Aber auch die Perspektive, bei der WM in Thailand im Aufgebot zu stehen, trug zur Stabilisierung bei. „Der Sport hat mir Hoffnung gegeben. Spätestens mit dem Einstieg ins Flugzeug wollte ich die Krankheit abschließen. Für den Sport muss und will ich einfach gesund bleiben“, sagt sie nachdrücklich. Auch körperlich hilft ihr der Rollstuhlbasketball ganz entscheidend. „Auf lange Sicht wirkt sich das Training positiv auf meine Spastik in Armen und Beinen aus. Allerdings muss ich zugleich aufpassen, dass ich nicht zu viel mache, weil die Spastiken dann nachts kommen.“
Bei acht bis neun Trainingseinheiten pro Woche ist es unter anderem dieser Balanceakt, der Anna-Lena Hennig vorantreibt. Und noch mehr: „Rollstuhlbasketball ist schnell und niemals im Stillstand. Die Technik und die Spieler entwickeln sich ständig weiter. Dementsprechend bist du in deiner Entwicklung nie fertig“, erläutert sie.
Zuletzt hat die COVID-19-Pandemie diese Entwicklungsmöglichkeiten stark ausgebremst. Weil mit dem zweiten Shutdown alle unteren Ligen den Spielbetrieb einstellten und auch kein Team-Training mehr erlaubt war – so auch beim RSC Osnabrück –, ist Anna-Lena Hennig seit Januar beim BBC Münsterland aktiv. Kraft und Ausdauer lassen sich zwar auch zu Hause gut trainieren. Aber die Einheiten in der Gemeinschaft sind für die 21-Jährige enorm wichtig. „Das Team-Training dreimal pro Woche gibt mir mein sportliches Leben und meine Struktur wieder. Außerdem kann ich hier wertvolle Erfahrungen sammeln.“ Und mit dieser Perspektive blickt sie der neuen Saison erwartungsvoll entgegen.
Quelle: Behinderten Sportverband Niedersachsen
Fotos: Martin Bargiel / Sportlich unterwegs